+43 650 270 39 29 sonja@warter.eu

Der im Journalismus, in PR-Ausbildungen und selbst in der Werbung berühmt-berüchtigte „Küchenzuruf“ ist ein praktisches Tool, an das wir uns durchaus öfter erinnern sollten. Ja, trotz seines antiquierten Namens. Bereits 2016 habe ich einen Blogartikel darüber verfasst, damals ausschließlich bezogen auf die PR. Dabei kannst du ihn genauso für viele andere Dinge nutzen, nämlich immer dann, wenn du etwas auf den Punkt bringen willst. Daher habe ich meinen alten Artikel überarbeitet und zeige dir nun auf, wo du dieses einfache, aber entscheidende Hilfsmittel sonst noch einsetzen kannst. Spoiler: zum Beispiel für die Kernaussage eines eigenen Buches.

Worum geht es im Küchenzuruf?

Ursprünglich stammt er vom deutschen Medium „Stern“. Kompakt zusammengefasst könnte man sagen: Er bezeichnet den Kern einer Geschichte.

Das, was in 1-2 Sätzen formuliert hängenbleiben soll, wenn man sie zu Ende gelesen hat. PR-Leute brauchen ihn, um ihre Story für Journalist:innen zusammenzufassen oder eine Pressemitteilung richtig aufzubauen.

Die Entstehungsgeschichte

Jetzt willst du sicher wissen, woher dieser seltsame Begriff kommt. Henri Nannen, der „Erfinder“ des Küchenzurufs, im Hauptberuf Chefredakteur des „Stern“ hat es anno dazumal so erklärt (an dieser Stelle sei gesagt: Es ist ein Originalzitat. Die Emanzipation war damals offensichtlich noch nicht sehr weit fortgeschritten und die Erzählweise eine andere): „Wenn am Donnerstag der Hans mit seiner Frau Grete den neuen „Stern“ käuflich erwirbt und, zu Hause angekommen, Grete sich dann in die Küche verfügt, sich die Schürze umbindet und Hans im Esszimmer Platz nimmt, den neuen „Stern“ aufschlägt. Wenn der Hans dann nach vollendeter Lektüre dieser Geschichte voller Empörung seiner Frau Grete durch die geöffnete Küchentür zuruft:  „Mensch Grete, die in Bonn (ja, so alt ist die Geschichte!) spinnen komplett! Die wollen schon wieder die Steuern erhöhen!“ – dann sind diese beiden knappen Sätze der sogenannte Küchenzuruf des journalistischen Textes.“

Einsatz bei Pressetexten

Logischerweise ist dieses Werkzeug für PR-Leute mindestens so wichtig wie für Journalist:innen. Denn: Jeder Pressetext braucht eine glasklare Aussage. Verschiedene Themen zu vermischen, ist dabei tabu. Journalist:innen sollten idealerweise spätestens nach der Lektüre des Leads wissen, worum es geht, um entscheiden zu können: Interessiert mich oder interessiert mich nicht. Die Kernaussage muss also bereits im ersten Absatz eindeutig herauszulesen sein.

Anhand dieser Leitidee lässt sich u. a. auch überlegen, für welches Medium das Thema interessant wäre. Mit einer Geschäftseröffnung in einem kleinen Ort (Küchenzuruf: „Delikatessengeschäft eröffnet am ersten September in Gigritspotschn“) wird man in überregionalen Medien eher nicht punkten, aber vielleicht im Lokalblatt von Gigritspotschn.

Verwendungsmöglichkeiten beim Buchschreiben

Beim Schreiben eines Buches ist dieses Tool ebenfalls ein äußerst nützliches Werkzeug. In diesem Fall dient es dazu, die zentrale Aussage des Buches von Anfang an klar zu definieren und während des gesamten Schreibprozesses im Blick zu behalten. Darauf darfst du gern einige Zeit verwenden, denn diese Kernaussage ist der Dreh- und Angelpunkt deines Buches. Bei Ghostwriting-Projekten nagle ich meine Kund:innen gerne auf einen Satz fest, um den herum wir das ganze Buch bauen.

Beispiel:

Ein Ratgeber zum Thema gesunde Ernährung, die im Arbeitsalltag gut umsetzbar ist.
Küchenzuruf: „Gesund essen ist auch in einem stressigen Job möglich – wenn du diese fünf Punkte beachtest.“

Du kannst dieses Tool außerdem verwenden, um Struktur und Gliederung zu erstellen – für das Buch und für die einzelnen Kapitel. Frag dich immer, ob das Kapitel auf die Quintessenz des Buches bzw. des Kapitels einzahlt.

Passt ein Kapitel zum Thema „Gesund essen beim Restaurantbesuch“ zur oben definierten Kernaussage? Eher nicht. Im Zweifelsfall also weg mit diesem Kapitel.

Du kannst dieses simple Tool sogar als deinen Leitfaden fürs (Buch-)Marketing nehmen, denn: Er sollte sich sowohl in deinem Klappentext, deiner Website als auch deinen Social-Media-Aktivitäten (z. B. durch den Claim im Profil) widerspiegeln.

Klingt einfach, ist es aber nicht

Der Küchenzuruf ist somit ein richtig cooles Werkzeug, an dem du dich bei vielen Aktivitäten orientieren kannst. Doch warne ich dich davor, ihn in einer schnellen Husch-Pfusch-Aktion zu erstellen.

Es ist nicht einfach nur ein Satz, der gut klingt. Er ist die Essenz, um die es geht.

Wenn du ein Sachbuch oder einen Ratgeber schreiben möchtest, dann bedeutet das, dass du dir vorher ganz genau überlegen solltest,

  • wofür du stehen und wahrgenommen werden möchtest
  • welche Expertise du hast
  • was dein USP ist
  • wer deine Zielgruppe ist und welche Lösung/Nutzen du ihr anbieten möchtest
  • wie du dich von anderen unterscheidest

Sobald du diese Basisarbeit erledigt hast, kannst du daraus abgeleitet deinen Küchenzuruf formulieren. Vielleicht hilft es dir, eine dieser Formulierungen als Stütze zu verwenden:

  • So kann XY (setze hier deine Zielgruppe ein) …
  • Wie XY (setze hier deine Zielgruppe ein) …
  • Ein Überblick über … für …
  • Eine einfach Anleitung für …, um endlich …

Erledigt? Super! Jetzt kannst du dir auf die Schulter klopfen, denn du hast einen superwichtigen Schritt auf dem Weg zu deinem Buch gemeistert!

Und falls du doch lieber eine Sparringspartnerin auf deinem Weg zum Buch dabeihättest: Gib Bescheid! Ich helfe dir gerne.